Im November 2019 wurden zwölf Gruppendiskussionen in der deutsch-, der französisch- sowie der italienischsprachigen Schweiz geführt. 136 stimmberechtigte Bürgerinnen und Bürger nahmen daran teil. In diesen Gesprächen zeigt sich eine differenzierte Sicht auf die Beziehungen zwischen der Schweiz und Europa. Die bilateralen Verträge sind zentral und definitionsmächtig im Diskurs. Sie stehen für die wichtige wirtschaftliche Zusammenarbeit und sind für viele die beste Lösung, um die Beziehungen mit der EU zu gestalten und gleichzeitig die Eigenständigkeit der Schweiz zu wahren. Die Perspektive auf die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU hat einen Einfluss auf die Beurteilung aller Themen, die gegenwärtig diskutiert werden. Je partnerschaftlicher die Beziehung wahrgenommen wird, desto positiver ist der Blick auf die bilateralen Verträge.
Das Rahmenabkommen: Notwendig mit offenen Fragen
Die Notwendigkeit eines Rahmenabkommens wird vielfach gesehen. Es gibt jedoch Punkte, die vertieft diskutiert werden müssen. Das wichtigste Argument für einen Abschluss des Rahmenabkommens ist die Sicherung des bilateralen Weges und insbesondere die für die Schweiz bedeutende wirtschaftliche Anbindung an den europäischen Binnenmarkt. Drei Positionen kennzeichnen die Diskussion. Die Befürworter erwähnen neben diesen Argumenten die partnerschaftliche Beziehung sowie die Stärkung der Souveränität der Schweiz im internationalen Kontext. Die positive Sicht auf die Bilateralen wird bei denjenigen mit einer ambivalenten Haltung zum Rahmenabkommen geschwächt durch Fragezeichen bei der rechtlichen Anbindung und beim Lohnschutz. Die dezidierten Gegner haben eine negative Perspektive auf die EU und sehen Schweizer Werte bedroht. Die staatlichen Beihilfen und die Unionsbürgerrichtlinie werden von den Bürgerinnen und Bürgern in den Diskussionen nicht aufgegriffen.
«Begrenzungsinitiative»: Der falsche Weg
Die Initiative wird in der Diskussion durch viele abgelehnt. Das Argument der Sicherung der bilateralen Verträge ist auch hier entscheidend. Diese dürfen nicht aufs Spiel gesetzt werden. Der für die Schweiz wichtige unbürokratische Zugang zu Fachkräften wird von den Gegnern der Initiative ins Feld geführt. Neben diesen klaren Positionen gegen die Initiative gibt es ambivalente Haltungen. Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mit einer ambivalenten Position sehen Herausforderungen im Sozialsystem und bei den Löhnen. Die Initiative ist in ihren Augen jedoch nicht die Lösung, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Sie fordern eine gewisse Kontrolle. Die Kontrolle ist auch das zentrale Argument der Befürworter der Initiative.
Die innenpolitische Regelung aussenpolitischer Fragen
Die Schweiz ist divers, doch zeigen sich über alle Sprachregionen hinweg dieselben wichtigsten Argumente. Die partnerschaftliche Gestaltung der Beziehung zum «Nachbarn» EU ist vielen ein Anliegen. Es zeigt sich, dass aussenpolitische Fragen immer auch innenpolitische Implikationen haben. Die internationalen Verflechtungen und der globale Markt beschäftigen in einer direkten Demokratie nicht nur die Politik, sondern auch Bürgerinnen und Bürger.
Informationen zur Methode: Qualitative Analyse von Gruppendiskussionen
Die Zusammensetzung der Teilnehmenden an den zwölf leitfadengestützten Gruppendiskussionen war ausgewogen hinsichtlich Geschlecht, Alter, Ausbildung und politischer Position. Die Diskussionen wurden aufgenommen, anonymisiert transkribiert und qualitativ analysiert. In jeder Gruppendiskussion wurde zuerst ungestützt über die Beziehungen Schweiz - Europa gesprochen. In zwei Blöcken wurden anschliessend die aktuellen europapolitischen Themen «Rahmenabkommen» sowie «Begrenzungsinitiative» vertieft.
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Artikel 'Der Wunsch nach guten Beziehungen zum «Nachbarn» / Sensor Advice publiziert Stud...' auf Swiss-Press.com |
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